Förderverein Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge e.V.

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“Kommunikation” – Jugendprojekt der 2. Generation zu den Tagen der Begegnung im April 2016

“DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR” -

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diese Aussage stellten die jugendlichen Gestalter der Gedenkaktion 2016 ins Zentrum ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema „Kommunikation“.

Die Jugendlichen begrüßten die Gäste der Gedenkveranstaltung an der Treppe zum Mahnmal und baten sie, sich einen Aufkleber anzuheften. Darauf war  in 6 Sprachen diese Aussage zu lesen, eine Aussage, die alle Gäste vereinen sollte, die für alle Menschen ein Lebensgrundsatz sein sollte.

IMG 2018klein-300x225 in Kommunikation - Jugendprojekt der 2. Generation zu den Tagen der Begegnung im April 2016 Begrüßung der Gäste

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An der diesjährigen Aktion, die an den 6 Massengräbern für die Opfer des KZ Langenstein-Zwieberge gezeigt wurde, beteiligten sich Maximilian Friedrich und Sanja Kappe vom Käthe-Kollwitz-Gymnasium Halberstadt, Laura Kranovski und Leon Jänichen von der Sekundarschule Hagenberg Gernrode sowie Esther Feistauer, eine ehemalige Schülerin der Berufsbildenden Schulen „Geschwister Scholl“ in Halberstadt. Zur inhaltlichen Vorbereitung, die bereits im Januar begann, trugen außerdem Toralf Nickerl, Dominik Gerlach und Lisa Witzel bei, alle drei hatten bei der Gedenkaktion 2015 mitgemacht.

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Vorbereitung der Aktion

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Zu Beginn der Aktion zitierten die jungen Leute hinter und vor dem Gräberfeld aus Zeugnissen von Lagerüberlebenden. In der Auseinandersetzung mit diesen Texten wurde insbesondere auf drei Aspekte eingegangen:

1. „Kommunikation als Überlebenshilfe im Lager“

In diesem Zusammenhang stellten die Jugendlichen anhand der Aussagen des Franzosen Hélie de Saint Marc fest, dass sich die Häftlinge aus 23 Nationen nur in der primitiven Sprache des Lagers mit einfachen Worten wie „essen, schlafen, Kälte, Hunger, Angst“ verständigen konnten. Und der Italiener Dino Burelli berichtete, dass es die gemeinsamen Gebete waren, die ihm halfen, ums Überleben zu kämpfen, während der als Sanitäter eingesetzte Lette Miervaldis Berzins-Birze versuchte, jeden Häftling im Krankenrevier in seiner Heimatsprache zu begrüßen, was den Kranken zwar nicht half, jedoch in ihnen ein Gefühl von Beistand erwecken sollte.

IMG 1979klein-300x225 in Kommunikation - Jugendprojekt der 2. Generation zu den Tagen der Begegnung im April 2016 Beginn der Aktion

2. „Kommunikation im Lager”

Der französische Überlebende Georges Petit, der seit 1994 an den jährlichen „Tagen der Begegnung“ teilnimmt und seitdem schon mit Teilnehmern zahlreicher Gedenkaktionen ins Gespräch kam, beschrieb die „Lagersprache“ als einen Jargon aus deutschen Satzfetzen vermischt mit russischer und polnischer Gossensprache, die jeder der Häftlinge zu akzeptieren hatte, obwohl das Verwenden dieser Sprache letztendlich auch eine Form des Verfalls jedes Einzelnen verkörperte. Dem Italiener Dino Burelli zufolge war das Hauptthema jeglicher Kommunikation im Lager – wenn die ausgezehrten Häftlinge überhaupt die Kraft zum Reden fanden – das Essen, um das angesichts des ständigen Hungers alle Gedanken kreisten. Der Pole Edmund Wojnowski dagegen beschrieb  noch eine ganz andere Art von Verständigung: „Mein Bettnachbar sagt kein Wort. Aber ich höre, dass er atmet, also lebt.“ Miervaldis Berzins-Birze schilderte darüber hinaus auch die Entwürdigung der Häftlinge, wenn den Toten die Häftlingsnummer auf das Bein geschrieben wurde – denn „Namen hatten im Lager keine Bedeutung.“ Dieser Aspekt spielte auch bei der Auswahl des Ortes für die Gedenkaktion eine große Rolle. Die Jugendlichen wählten dafür das Gräberfeld aus, da dort inzwischen 623 Namenstafeln durch den Förderverein angebracht worden sind, um den  in sechs Massengräbern Verscharrten ihre Identität zurückzugeben.

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3. „Kommunikation nach der Befreiung”

Vielen Überlebenden bereitete nach der Befreiung das Sprechen über das im Lager Erlebte große Probleme, denn „… man muss wissen, Worte waren schwer zu finden… Hunger haben, geschlagen werden, arbeiten… Diese Worte hatten nicht mehr dieselbe Bedeutung für den Überlebenden und seine Umwelt. So haben die meisten von uns geschwiegen.“ wie es der Franzose Roger Leroyer erklärt. In der Auseinandersetzung mit den Texten Leroyers fanden die jugendlichen Aktionsteilnehmer auch heraus, dass es „deutsche Jugendliche, die etwas wissen wollten…“ waren, die ihn dazu brachten, sein Schweigen zu brechen.

Die Feststellung, dass die Würde der Häflinge im Konzentrationslager Tag für Tag und Stunde für Stunde auf schlimmste Weise verletzt wurde, machte den Aktionsteilnehmern  in aller Dringlichkeit deutlich, dass das verhängnisvolle Geschehen im Lager nicht vergessen werden darf. Gleichzeitig wurde ihnen aber auch bewusst, dass wir alle heute dafür verantwortlich sind, dass die Menschenwürde nicht nur als Artikel 1 auf dem Papier des Grundgesetztes stehen darf, sondern im täglichen Leben für alle Menschen Gültigkeit besitzen muss.

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In den Sprachen deutsch, französisch, russisch, italienisch, holländisch und polnisch hatten die Jugendlichen stellvertretend für alle im Lager gesprochenen Sprachen den Satz DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR!  auf ein großes Transparent drucken lassen. Auch akustisch forderten die Aktionsteilnehmer in allen sechs Sprachen diesen Satz ein, bevor sie das Spruchband  hinter dem Gräberfeld – für alle Gäste sichtbar– ausrollten, um das Gräberfeld trugen und davor ablegten.

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Im Anschluss daran kommunizierten die jungen Leute, was für sie persönlich zur Würde des Menschen gehört. Max forderte u.a. eine freie Gesellschaft ein, in der alle Menschen gleichgestellt sein sollten und jeder Mensch lieben können sollte, wie und wen er möchte. Laura und Leon drangen auf körperliche Unversehrtheit und Meinungsfreiheit, und Sanja verlangte für jeden Menschen Respekt, Akzeptanz sowie die Sicherstellung von grundlegenden Bedürfnissen wie Essen, Schlafen oder auch hygienischer Standards. Und   Esther verband die Würde des Menschen mit dem Recht auf freies Bewegen.

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Dann wurde – wieder in den Sprachen deutsch, französisch, russisch, italienisch, holländisch und polnisch – der Satz: DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR mit einem Fragezeichen versehen, denn in Vorbereitung des Projektes hatten die Jugendlichen festgestellt, dass nicht für alle Menschen die Menschenwürde gesichert ist. Für die Millionen Flüchtenden vor Kriegen und für Menschen in vielen Staaten unserer Erde, auch in unserem eigenen Land, ist die Einhaltung der Menschenwürde bei weitem nicht immer selbstverständlich. Aus diesem Grund beendeten die Jugendlichen ihre Aktion mit folgender Aussage:

„Wir brauchen JEDEN! damit dieser Satz keine Illusion bleibt. Wir laden Sie alle dazu ein, Ihre Gedanken zur Menschenwürde aufzuschreiben und an die Pinnwand zu heften.“

An der Pinnwand standen die Aktionsteilnehmer mit Stiften und Papier bereit, so dass jeder Gast der Gedenkveranstaltung seine Gedanken in Worte fassen und neben den Äußerungen der Jugendlichen anbringen konnte. Dabei ergaben sind zahlreiche Gespräche zwischen den Projektteilnehmern und Gästen, insbesondere der Gruppe der 2. Generation, die sich bei den Akteuren der Aktion herzlich bedankten.

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Kommunikation per Pinnwand

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Das Spruchband wird für eine gewisse Zeit am Gräberfeld befestigt bleiben und die Pinnwand im Verwaltungsgebäude der Gedenkstätte lädt alle Besucher herzlich dazu ein, eigene Gedanken zur WÜRDE DES MENSCHEN zu formulieren.

IMG 2262klein-300x225 in Kommunikation - Jugendprojekt der 2. Generation zu den Tagen der Begegnung im April 2016 Spruchband am GräberfeldIMG 2105klein-225x300 in Kommunikation - Jugendprojekt der 2. Generation zu den Tagen der Begegnung im April 2016  Pinnwand im Verwaltungsgebäude

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